Fachbeiträge Schadstoffe
Critical Load (ÖKO-Data, IOŚ-PIB)
Die Wirksamkeit von Luftreinhaltemaßnahmen kann an ökologischen Belastungsgrenzen, den Critical Load (CL), die den ökosystemverträglichen Stoffeintrag beziffern, bemessen werden. Generelles Ziel ist die Einhaltung der CL und die Gefährdungsabschätzung von Ökosystemen gegenüber eutrophierenden und versauernden Stoffeinträgen. Die kombinierte Betrachtung von Klimaprojektionen, Schadstoffeinträgen und ökologischen Belastungsgrenzen im polnisch-sächsischen Grenzraum bildet einen neuen Ansatz zur Bewertung von Risiken und zur Kontrolle der Wirkungen von Maßnahmen des Umweltschutzes. Mit dem Bericht „Ökologische Belastungsgrenzen von Ökosystemen“ liegen die Ergebnisse der Untersuchungen zu aktuellen als auch zukünftigen ökologischen Belastungsgrenzen unter Einbeziehung von Klimaszenarien vor, um die mögliche Spannbreite der Entwicklungen abschätzen zu können. Als Datengrundlage wurden Landnutzungsdaten (CORINE2006), Informationen zur Ausdehnung von Schutzflächen (NATURA2000), Bodendaten (ESDB), Depositions- sowie Klimadaten für das Untersuchungsgebiet herangezogen.
Während die Belastungssituation durch versauernd wirkende Stoffeinträge zu vernachlässigen ist, stellt die Eutrophierung aufgrund von Stickstoffeinträgen ein hohes Risiko für die Ökosysteme dar. Maßnahmen zur Luftreinhaltung der letzten Jahrzehnte bewirken, dass der Anteil von Ökosystemen zunimmt, in denen die CL eingehalten werden. Berechnungen der Critical Load für das KLAPS-Gebiet unter verschiedenen Klimaszenarien und zusammenfassende Bewertungen des Risikopotenzials für die Ökosysteme zeigen, dass die Critical Load zum Schutz vor Eutrophierung eine deutlich höhere Abhängigkeit von den veränderten Klimaparametern haben als die Critical Load für Säureeinträge. Die Ursache dafür liegt in der gegenläufigen Wirkung der klimaabhängigen Parameter in der Massenbilanzgleichung bei der Versauerung. Bei den Critical Load zum Schutz vor Eutrophierung hingegen bewirken alle klimabedingten Veränderungen eine Zunahme der Empfindlichkeit von Ökosystemen.
Insgesamt zeigen die vorliegenden Ergebnisse zum Eutrophierungsrisiko, dass sich stoffliche und klimatische Veränderungen gegenseitig kompensieren. Aufgrund verminderter Schadstoffeinträge werden die Grenzwerte zunehmend eingehalten. Allerdings lässt sich bei allen untersuchten Klimaszenarien übereinstimmend feststellen, dass wegen zunehmenden Temperaturen und abnehmenden Niederschlägen die Belastungsgrenzen zum Schutz vor Eutrophierung sinken. Den deutlichsten Effekt in dieser Hinsicht zeigt das Szenario RCP 8.5 Lauf 1. Überschlägig kann angenommen werden, dass nur etwa die Hälfte der durch Maßnahmen zur Luftreinhaltung erreichten Minderung von Schadstoffeinträgen dem Schutz des Ökosystems im Projektgebiet zu Gute kommt. Die andere Hälfte wird durch die höhere Empfindlichkeit des Ökosystems infolge des Klimawandels kompensiert. Klimatische Änderungen sollten daher in der zukünftigen Luftreinhaltepolitik zwingend berücksichtigt werden.
Ozon (TU Dresden)
Ein Teilziel des Projektes ist eine auf die Projektregion ausgerichtete Analyse der Ozonbelastung in Abhängigkeit klimatischer Einflussfaktoren. Daher wurden zeitliche Verläufe und der Einfluss meteorologischer Bedingungen auf die Ozonkonzentration untersucht. Dabei standen Daten von 14 Stationen in Stundenauflösung zur Verfügung: sechs Stationen in Sachsen, fünf Stationen in Brandenburg und drei Stationen in Polen, davon eine verkehrsnahe Station (Dresden-Nord), eine industrienahe Station (Eisenhüttenstadt), acht Stationen im städtischen Hintergrund und vier ländlich geprägte Stationen.
Grundsätzlich kann bei der Betrachtung der Ozonbelastung im KLAPS-Projektgebiet festgestellt werden, dass die Konzentrationen an der Station Zinnwald am höchsten und an der Station Dresden-Nord am geringsten ausfallen, alle anderen Stationen liegen im Bereich dazwischen. In den Monaten April, Mai, Juni, Juli und August sind deutlich höhere Belastungen erkennbar, während in den Wintermonaten geringere Mittelwerte und auch Spitzenkonzentrationen beobachtet werden. Deutliche Tages- und Wochengänge zeigen sich an der Station Dresden-Nord als einer Verkehrsstation im städtischen Raum. Hier werden hohe Konzentrationen an Vorläufersubstanzen emittiert und durch photochemische Prozesse in Ozon umgesetzt. Zu den wichtigsten Ozonvorläuferstoffen zählen die Stickoxide – Stickstoffdioxid und Stickstoffmonoxid – sowie leicht flüchtige organische Substanzen ohne Methan (NM VOC). Mit zunehmender Entfernung der Messstation von der Emissionsquelle der Vorläufersubstanzen gehen die Unterschiede im Tagesgang und auch zwischen den einzelnen Wochentagen zurück.
Neben den dem Vorhandensein von Vorläufersubstanzen gelten die meteorologischen Bedingungen als wichtige Einflussparameter auf die Ozonentwicklung. Meteorologische Faktoren beeinflussen die Schadstoffausbreitung, die photochemischen Reaktionen, sowie den großräumigen Transport. Die Abhängigkeit der Ozonkonzentration von meteorologischen Variablen im KLAPS-Projektgebiet weist die stärksten Zusammenhänge mit der Globalstrahlung, der Tagesmaximumtemperatur und der relativen Feuchte auf.
Zukünftige Änderungen des Klimas werden einen weiteren Einfluss auf die Ozonentwicklung haben. Nicht nur meteorologische Bedingungen ändern sich, sondern auch die Emissionssituation im Hinblick auf die Vorläufersubstanzen. Untersuchungen verweisen auf einen möglichen Anstieg der Ozonkonzentration in den Sommermonaten der nächsten Jahrzehnte allein durch die Auswirkungen des Klimawandels. Steigende Temperaturen in Kombination mit einer steigenden Globalstrahlung als treibende Faktoren für die photochemische Ozonbildung werden die Ozonbelastung in den kommenden Jahren weiter verschärfen, vor allem in Gebieten mit hohen Konzentrationen an Vorläufersubstanzen. Da an vielen Stationen im KLAPS-Projektgebiet bereits in den letzten Jahren Überschreitungen des Ozon-Grenzwertes von 120 µg/m³ beim Tagesmaximum der 8h-Mittel vor allem an warmen und heißen Tagen auftraten, würde aufgrund der klimatischen Entwicklung ein weiterer Anstieg der Zielwertüberschreitungen zu erwarten sein, dem jedoch der Rückgang der Stickoxidkonzentrationen entgegenwirkt.
Bei der Analyse der mittleren Tagesgänge in Abhängigkeit bestimmter Wetterlagenindizes zeigten sommerliche Luftmassen mit südlicher Anströmrichtung die höchsten Ozonkonzentrationen, da diese mit hohen Temperaturen einhergehen. Vor allem solche mit südöstlicher Anströmrichtung wiesen die höchsten Tagesmaxima auf, da diese durch besonders trockene bzw. wolkenarme Eigenschaften die photochemische Bildung von Ozon begünstigen. Wetterlagen mit Hochdruckbedingungen in der mittleren Troposphäre führen am häufigsten zu Überschreitungen der Ozonzielwerte. Klimamodelle zeigen für die Zukunft ein gehäuftes Auftreten dieser Wetterlagen.
Wichtig ist die gemeinsame Betrachtung der Einflussgrößen Klimawandel und Emissionsänderungen, wobei letztere für die zukünftige Entwicklung der Ozonkonzentrationen entscheidender sind. In diesem Zusammenhang wächst auch die Bedeutung der Hintergrundbelastung, von der vor allem Bergstationen betroffen sind, und damit der internationalen Maßnahmen zur Emissionsminderung im Vergleich zu regionalen und lokalen Maßnahmen. Ein weiterer Anstieg der globalen Methankonzentration und damit der Ozon-Hintergrundkonzentration kann die schon erzielten Erfolge und angestrebten Ziele bei der Reduktion von Stickoxiden und flüchtigen organischen Substanzen minimieren.