Vertikaldurchflussreaktor
Verfahrensbeschreibung
Behandlungssystem bei dem das Grubenwasser vertikal durch ein unreaktives Kiesbett fließt (alternativ zum Kiesbett Verwendung von Medien mit hoher spezifischer Oberfläche wie z.B. Hochofenschlacke, Ocker = Ferrihydrite/Goethit- Mixtur, Grüner Rost = Fe(II, III)-Hydroxid, Kunststoff), um die Metallabscheidung unter aeroben Bedingungen zu fördern. Das Kiesbett wirkt als Filter für größere Partikel und gleichzeitig als Aufwuchsmedium für Mikroorganismen, die zu den autokatalytischen Reaktionen beitragen. Ggf. auch Einsatz als Bypass neben dem zu behandelnden Fließgewässer
Einsatzbereich
mäßig saure bis alkalische, sauerstoffhaltige Grubenwässer mit Fe-Konz. bis 50 mg/l
Behandlungsziel
Reinigung eisenhaltiger Grubenwässer
Verfahrensart
Bergbau
Umwelteinflüsse
mäßiger Flächenbedarf
Überwachung
Monitoring des Zu- und Ablaufs der Anlage
Nachsorge
Monitoring des Zu- und Ablaufs der Anlage
Nachbesserung
Die Konfiguration kann zwei Kammern umfassen, so dass die Behandlung in der "aktiven" Kammer stattfinden kann, während die zweite zur Schlammbefreiung und Wiederinbetriebnahme, zur Aufnahme von Regenwasser oder bei Ausfall der ersten Kammer zur Verfügung steht
dichter Eisenhydroxidschlamm kann als Ressource relativ frei von Pflanzendetritus rückgewonnen werden
Relevante Prozesse
- Hauptmechanismen: Autokatalyse und Filterung durch das Eisenhydroxid- und Kiesbett
- circum-neutrales – alkalisches Milieu:
- homogene und heterogene Oxidation zweiwertigen Eisens
- Filtrationen ausgefällten Ferrihydrits
- Surface Catalysed Oxidation Of Ferrous Iron (SCOOFI) – 2-stufiger Prozess innerhalb des abgelagerten Eisenhydroxidbettes:
- Adsorption des Fe2+ aus dem Wasser an die Oberfläche des Eisenhydroxids (Eisen(III)-oxidhydrat = Eisenocker); in-situ Oxidation des gebundenen Eisens durch gelöstes O2
- Fe3+ des Eisenhydroxids wirkt als Katalysator, und eine weitere Schicht wird auf der Oberfläche des Eisenhydroxids angelagert
- mäßig saures Milieu:
- mikrobielle Fe(II)-Oxidation und die Ausfällung von Schwertmannit
- kolloidale und nanopartikuläre Fe(III)-Aggregierung
Anwendungsstand
Entwicklungsphase
Zeitaufwand
kleiner 1 Jahr
Rechtliche Anforderungen
Arbeitsschutz
- TRGS 524 „Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten in kontaminierten Bereichen“; bei Zugabe von Ferrihydrite/Goethit, Fe(II, III)-Hydroxid: TRGS 500, 509, 510
- DGUV-Regel 101-004 „Kontaminierter Bereiche“ (bisher: BGR 128); bei Zugabe von Ferrihydrite/Goethit, Fe(II, III)-Hydroxid: DGUV Regel 112-190 "Benutzung von Atemschutzgeräten"
- Gefahrstoffverordnung GefStoffV
- Materialienband „Leitfaden zum Arbeitsschutz bei der Altlastenbehandlung“ des Freistaates Sachsen
- DIN-Vorschriften der VOB Teil C in der aktuellen Fassung
Bestehende Patentrechte
nicht bekannt
Genehmigungsfähigkeit
prinzipiell gegeben; alternative Aufwuchsmedien ggf. prüfen
Erforderliche Genehmigungen
Gesetz | Notwendig |
---|---|
Abfallrecht | u. U. |
Baurecht | Ja |
Immissionsschutzrecht | Nein |
Wasserrecht | Ja |
Sonstige | u. U. |
Bewertung
Eignungsgrad für Schadstoffe
gut
- Schwermetalle
- basisches Wasser
bedingt
- Schwebstoffe mit adsorbierten Schadstoffen
- Saures Wasser
ungeeignet
- Sulfate
- Phosphate
Umweltauswirkung
hoch | mittel | gering | ohne | |
---|---|---|---|---|
Transportaufkommen | X | |||
Abfallaufkommen | X | |||
Flächenbedarf | X | |||
Bodenbelastung | X | |||
Grundwasserbelastung | X | |||
Luftbelastung | X | |||
Lärmbelastung | X |
Anforderungen
- im pH-neutralen Milieu zur Vorbehandlung für Eisen vor anderen passiven Wasseraufbereitungssystemen
- SCOOFI-Reaktor: alkalisches Wasser, da die Bildung von Eisenhydroxiden (Hydrolyse) eine Freisetzung von Protonen bedingt und keine Möglichkeit besteht, dass das System selbst Alkalinität erzeugt
- im sauren Milieu Kombination mit einem Alkalinität erzeugenden Behandlungssystem, um eine vollständige Eisenentfernung zu erreichen
- Feinkiesschicht (10 – 20 cm silikatischer Kies, 5 – 10 mm) darunter Mittel- bis Grobkiesschicht (z.B. 10 – 20 cm silikatischer Kies, 20 - 30 mm)
- hydraulische Potentialdifferenz erforderlich (im IBC z.B. durch Schwanenhalsmechanismus zu erreichen)
- bisherige Größen < 1 m³ - 65 m³
- Durchflussraten: < 1…12 l/min; Verweilzeit 70 s…39 h
- betriebliche Parameter wie Entschlammungstechniken, Schlamm-Management, Entsorgung
Anforderungen an Umwelt
- Flächenbedarf
Beispiele weltweit
- Großoberflächenfilter als Teil der Pilotanlage im früheren Eisensteinbergwerk Skinningrove, Cleveland, Yorkshire, UK (Wolkersdorfer & Younger, 2002)
- experimenteller VFR (21,6 m²) in Taff Merthyr, Wales, UK (Sapsford et al. 2006, Dey et al. 2003; Sapsford et al. 2005, Sapsford et al. 2007)
- 4 IBC-Pilotversuche in Wales, UK (Cwm Rheidol) + an der Westküste der Südinsel Neuseelands (aktiver Kohletagebau, aktive Aktivkohlemine) (Sapsford et al. 2015)
- ehemalige Pb/Zn-Mine Cwm Rheidol, Wales, Uk (Florence 2014, Florence et al. 2016)
- aufgelassenes Kohlenbergwerk bei Carolina in Mpumalanga, Südafrika (Wolkersdorfer, 2017)
- ehemaliges Polymetallbergwerk Metsämonttu, Finnland - weltweit erster containerisierte VFR mit 24 m² großem Tank (Wolkersdorfer, 2017)
Leistungsfähigkeit unter sächsischen Bedingungen
- im pH-neutralen Milieu zur Vorbehandlung für Eisen vor anderen passiven Wasseraufbereitungssystemen
- Kombination mit einem Alkalinität erzeugenden Behandlungssystemen, um eine vollständige Eisenentfernung aus sauren Grubengewässern zu erreichen
Vorteile
- einfach in Design, Materialien und Konstruktion
- Flächenbedarf nur wenige Quadratmeter – Einsatz bei akutem Platzmangel (um die Hälfte reduzierter Fußabdruck im Vergleich zum klassischen aeroben Feuchtgebiet)
- passive Einzelmaßnahme für die Eisenreinigung in Grubenwasser mit einem um die Hälfte reduzierten Fußabdruck im Vergleich zum klassischen aeroben Feuchtgebiet
- Mn-Abreicherungsrate durch Kombination aus biotischen und abiotischen Entfernungsmechanismen, verstärkt durch den vertikalen Fluss durch die Eisenhydroxidschicht höher als beim aeroben Feuchtgebiet
- dichter Eisenhydroxidschlamm kann als Ressource relativ frei von Pflanzendetritus rückgewonnen werden
Nachteile
- bei fortgeschrittener Ablagerung werden die Poren des Mediums zugesetzt und die Porosität verringert - Medium muss in angemessenen Zeiträumen vom Eisenhydroxid-Belag befreit oder ersetzt werden
Investitionskosten
- Kosten für Planung
- ggf. Grundstückskauf und Genehmigung
Kosten für Chemikalien
- Ferrihydrite/Goethit- Mixtur, Fe(II,III)-Hydroxid, ggf. Hochofenschlacke, Kunststoff
Datenstand
15.01.2020
Literatur
- Blanco, I., Sapsford, D., Trumm, D., Pope, J., Kruse, N., Cheong, Y., McLauchlan, H., Sinclair, E., Weber, P., Olds, W. (2018) International Trials of Vertical Flow Reactors for Coal Mine Water Treatment. Mine Water and the Environment, 37 (1): 4–17.
- PIRAMID Consortium (2003): Engineering Guidelines for the Passive Remediation of Acidic and/or Metalliferous Mine Drainage and similar Wastewaters – “PIRAMID Guidelines”. 166 p. University of Newcastle Upon Tyne. Newcastle Upon Tyne.
- Sapsford, D., Florence, K., Pope, J., Trumm, D. (2015): Passive Removal of Iron from AMD Using VFRs. 10th ICARD - IMWA 2015.
- Wolkersdorfer, C. (2017): Reinigungsverfahren für Grubenwasser – Bewertung und Beschreibung von Verfahren. Tshwane University of Technology, Südafrika - Lappeenranta University of Technology, Laboratory of Green Chemistry, Finland.