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Neutralisation: Passive Neutralisationsverfahren - reduzierende/sukzessive Alkalinität produzierende Systeme (RAPS, SAPS)

Verfahrensbeschreibung

Reduzierende Alkalinität produzierende Systeme (RAPS) bzw. sukzessive Alkalinität produzierende Systeme (SAPS) stellen eine Kombination aus anoxischen Karbonatkanal und anaeroben Feuchtgebiet dar. Es ist im Wesentlichen ein unbepflanztes Filterbett aus einer Kalksteinbasis mit einer zusätzlichen, darüber liegenden Substratschicht, welches vom zu behandelnden Wasser vertikal durchströmt wird.Meist mit anschließendem Oxidationsschritt (aerobes konstruiertes Feuchtgebiet oder Oxidationsbecken, Absetzbecken), um das noch enthaltene reduzierte Eisen-II zu oxidieren und zu fällen.Auch in-situ im Fließgewässer oder als Bypass neben dem Fließgewässer konstruierbar.

Einsatzbereich
metallhaltige Oberflächenwässer bei geringem - mittlerem Gefälle, geeignet für geringe Volumenströme bei hoher Azidität
Behandlungsziel
Verminderung der Konzentration von Metall(oid-)en, pH-Wert-Anhebung; Sulfatreduktion (im RAPS)
Verfahrensart
Bergbau
Umwelteinflüsse
Flächenbedarf, Gefälle
Überwachung
Monitoring des Zu- und Ablaufs der Anlage; ggf. Fließgewässermonitoring
Nachsorge
Monitoring des Zu- und Ablaufs der Anlage; ggf. Fließgewässermonitoring
Nachbesserung
- Kompost- und Kalksteinschichten nebeneinander anordnen, so dass das Wasser nach unten durch den Kompost und dann nach oben durch den Kalksteinkies fließt. Die Möglichkeit eines Kurzschlusses wird durch die Kalksteinkiesschicht sowie die erforderliche Aushubtiefe (typischerweise mind. 2,5 m) reduziert. - Gründlich gemischtes Substrat aus organischer Substanz und Kalksteinkies (mit 50 % Kalkstein in der Mischung und größere Kalksteinbruchstückgrößen ca. 50 mm)
Relevante Prozesse
  • SAPS: Kernprozess ist die abiotische Minderung der Azidität durch Neutralisation der Säure vorgeschaltete/parallele Passage durch organisches Material (Kompostbett): Verhindern des Ausfällens von Eisen; z.T. Sauerstoffzehrung durch mikrobielle Prozesse, Sulfatreduktion, Reduktion von Fe3+ zu Fe2+, Freisetzung von CO2 oder Methan
  • RAPS: Hauptsächlich (mikro-)biologische Prozesse, die u. a. die Ausfällung von Eisensulfiden bewirken (mikrobielle Sulfatreduktion)
Anwendungsstand
Entwicklungsphase
Zeitaufwand
kleiner 1 Jahr

Rechtliche Anforderungen

Arbeitsschutz
- TRGS 500, 509, 510, 524 - DGUV-Regel 101-004 „Kontaminierter Bereiche“, 112-190 "Benutzung von Atemschutzgeräten" - Gefahrstoffverordnung GefStoffV - Materialienband „Leitfaden zum Arbeitsschutz bei der Altlastenbehandlung“ des Freistaates Sachsen - DIN-Vorschriften der VOB Teil C in der aktuellen Fassung
Genehmigungsfähigkeit
prinzipiell gegeben; Einsatz von calciumgetragenen alkalischen Produkten zur Neutralisation ist genehmigungsfähig
Erforderliche Genehmigungen
Gesetz Notwendig
Abfallrecht u. U.
Baurecht Ja
Immissionsschutzrecht Nein
Wasserrecht Ja
Sonstige u. U.

Bewertung

Eignungsgrad für Schadstoffe
gut
  • Schwermetalle
  • Saures Wasser
bedingt
  • Arsen
  • Blei
  • Cadmium
  • Kupfer
  • Nickel
  • Zink
  • Sulfate
  • Phosphate
  • Schwebstoffe mit adsorbierten Schadstoffen
  • basisches Wasser
ungeeignet
  • Schwefelwasserstoff
Umweltauswirkung
hoch mittel gering ohne
Flächenbedarf X
Bodenbelastung X
Grundwasserbelastung X
Luftbelastung X
Lärmbelastung X
Transportaufkommen X
Abfallaufkommen X
Anforderungen
  • Grubenwässer mit höheren Konzentrationen an gelösten Sauerstoff und Metallen (Fe(III) und Al(III) > 2 mg/L)
  • 2,5 m Höhenunterschied zwischen Einlauf und Auslauf
  • 1 – 3 m Wassertiefe
  • wenigstens 1 m, möglichst ≥ 1,5 m Freibord zur Kompensation des Wasserstandanstiegs durch den Rückgang der hydraulischen Leitfähigkeit im RAPS, ohne Überlaufgefahr
  • Ableitung aus dem System in der Höhe vertikal variabel
  • periodisches Spülen des Systems mit sehr hohen hydraulischen Gradienten, wodurch lose Feststoffe (Metallhydroxide oder inerte Sedimente) aus dem RAPS-Porenraum transportiert werden
  • Verweilzeit im Kalksteinbett > 14 h
  • Kalkstein-Kiesschicht: typischerweise 0,5 - 1,0 m dick, aus gleichkörnigem Kies von 25 - 50 mm Durchmesser, 50% Porosität; typische Kompostmächtigkeit 0,15 - 0,60 m
Anforderungen an Umwelt
  • Flächenbedarf ähnlich ALD, 20 % weniger als beim einem anaeroben Feuchtgebiet, aber Gefälle notwendig
Beispiele weltweit
  • weltweit inzwischen etliche Dutzende RAPS-Systeme
  • erste Systeme 1991 – 1994
  • Howe Bridge System, REM System, Schnepp Road System: SAPS bei Brookville, Jefferson County, Pennsylvania, USA (Kepler & McCleary, 1994)
  • Pelenna II / III, Wales, UK (Wolkersdorfer & Younger, 2002)
  • Pelenna Minewater Treatment Sites (MWTS), Wales, UK (Bannister et al., 2018)
  • Foss Mine, Aberfeldy (Wolkersdorfer & Younger, 2002)
  • Bowden Close, West Durham, England (Wolkersdorfer & Younger, 2002; Fabian et al., 2006)
  • Pilotanlage an der Grube Hohe Warte bei Gernrode/Harz (Hasche-Berger et al., 2006)
Leistungsfähigkeit unter sächsischen Bedingungen
  • geringerer Flächenbedarfs im Vergleich zu Feuchtgebieten + breitere Bereiche der Rohwasserqualität als ALDs - zunehmend Verfahren der ersten Wahl für die passive Behandlung säurehaltiger Wässer
  • periodischer Betrieb kann dazu beitragen, die Lebensdauer der RAPS-Anlage erheblich zu verlängern
Vorteile
  • naturnahe Wasserbehandlung
  • eignen sich für Wässer mit hoher Basenkapazität (netto-azidisch)
  • gegenüber anaeroben Feuchtgebieten höhere Leistungsfähigkeit bei ausreichend vorhandenem Geländegefälle
  • niedrige Betriebskosten
  • lange Lebensdauer
Nachteile
  • ausreichend großer Gradient erforderlich, um einen steten Wasserdurchfluss zu gewährleisten, den entstehenden Schlamm aufnehmen zu können und so das Zusetzen der Kalksteinschicht mit ausgefällten Metallionen zu vermeiden
  • wesentlich größerer Freibord erforderlich als in einem Feuchtgebietssystem
  • kein Einzelsystem - Nachschaltung eines weiteren Behandlungsverfahrens wie z. B. ein aerobes Feuchtgebiet oder Sedimentationsbecken, um das reduzierte Wasser wieder in eine oxidierte Form umzuwandeln und verbliebenes Eisen durch Hydrolyse aus dem Grubenwasser zu entfernen
Investitionskosten
  • 10.000 - 250.000 €, im Durchschnitt 40.000 €; 11.000 – 213.000 $, im Durchschnitt 51.150 $
  • Kosten für Planung
  • Ggf. Grundstückskauf und Genehmigung
Kosten für laufenden Betrieb
  • Gering; im Durchschnitt 253 $/t/a
Kosten für Chemikalien
  • Kalksteinbruchstücke
Datenstand
13.01.2020

Literatur

  • PIRAMID Consortium (2003): Engineering Guidelines for the Passive Remediation of Acidic and/or Metalliferous Mine Drainage and similar Wastewaters – “PIRAMID Guidelines”. 166 p. University of Newcastle Upon Tyne. Newcastle Upon Tyne.
  • Wolkersdorfer, C. (2017): Reinigungsverfahren für Grubenwasser – Bewertung und Beschreibung von Verfahren. 255 p. Tshwane University of Technology, Südafrika - Lappeenranta University of Technology, Laboratory of Green Chemistry, Finland.
  • Heitfeld, M., Denneborg, M., Rosner, P., Müller, F., Lieser, U. (2012): Signifikante Belastungsquellen des Erzbergbaus und mögliche Maßnahmen im Rahmen der Bewirtschaftungsplanung NRW. Gutachten für das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen.
  • Younger, P.L., Banwart, S.A. and Hedin, R.S. (2002): Mine Water: Hydrology, Pollution, Remediation. 442 p. Kluwer Academic Publishers, Dordrecht, Netherlands.
  • Watzlaf, G.R., Schroeder, K.T., Kleinmann, R.L.P., Kairies, C.L. and Nairn, R.W. (2003): The Passive Treatment of Coal Mine Drainage. National Energy Technology Laboratory, U.S. Department of Energy, University of Oklahoma, OK, U.S.A.